Sensation in Sonsbeck

Kira Weis ist auch durch den Matsch am Niederrhein nicht zu schlagen und gewinnt souverän den Deutschen Meistertitel in der U18. Zusammen mit Pia Kircher und Lisa Maisch in der Mannschaftswertung steht die Gerlinger Athletin zum schon dritten Mal in dieser Saison ganz oben auf dem Treppchen.

Manuel du Uhr
Da ist die Medaille! Pia, Kira und Lisa ganz oben auf dem Podest (v.l.n.r.)

Schlamm, Berge und lange Spikenägel. Der Crosslauf ist sicher nicht die einfachste Disziplin, die die Leichtathletik zu bieten hat. Eins ist aber sicher: Wer sich durch den Matsch und über die Berge behaupten kann, dem fällt das Laufen auf der Bahn nur leichter.

Also lautete die Devise für neun Athlet*innen der KSG Gerlingen am vergangenen Wochenende: Spikes einpacken und losfahren, denn als allerletztes Event des Jahres warten die Deutschen Crosslaufmeisterschaften in Sonsbeck am Niederrhein, zusammen mit der immer wiederkehrende Frage: Welche Spikenagellänge für den perfekten Halt im schlammigen Untergrund?

Je mehr Gras noch auf der Strecke, desto kürzer die Nägel. Folglich ging der erste Starter des Runningteams, Stefan Maisch in der Altersklasse M50 noch mit sogenannten 9er-Spikes (9 mm Länge) an den Start über 4,1 km. Zurecht, wie er nach einem beachtlichen 27. Platz in der Altersklasse M50 bekundete. 

Manuel Schwartz führt das Trio an

Über die gleichen 4,1 km gingen auch ein Trio der männlichen U23 auf die, nach einem weiteren Lauf, in manchen Kurven schon ungleich matschigeren Strecke. Wie wohl die meisten Athleten des 150-köpfigen Felds im gemeinsamen Mittelstreckenlauf der Männer und der U23, hatten die Mehrheit der in Gelb startenden Athleten zu den etwas längeren 12er-Nägeln gegriffen, um die engen Kurven der Strecke und den "Sonsbecker Hügel" gut navigieren zu können. 

Nach einem Kilometer etwa gleichauf laufend, konnte sich im folgenden Rennverlauf Manuel Schwartz als späterer 30. sowie Daniel Obermüller als 36. absetzen, zusammen mit Nicklas Kaltenecker als 42. durfte sich das Trio über Platz 6 in der Teamwertung freuen, eine Steigerung gegenüber dem 7. Platz in Sindelfingen 2020.

Ihm folgen Daniel Obermüller (vo) und Nicklas Kaltenecker (hi)

Im letzten Lauf mit Gerlinger Beteiligung wurden nun ausnahmslos 12er-Spikes aufgezogen, die Mannschaft des Gerlinger Laufteams um Mitfavoritin Kira Weis stand nun vor der Aufgabe, ebenfalls 4,1 km einer mittlerweile deutlich schlammigen und ausgetretenen Strecke zu bewältigen. Das Ziel der fünf aus dem Südwesten angereisten Mädels: in der Mannschaft möglichst wenige Punkte sammeln!

"Da gehts lang" -Cheftrainer Ralph Sagassers Mat(s)chplan ist ein guter!

Nach einem für Crossläufe üblichen schnellen Massenstart mit über 60 Athletinnen war eine Spitzengruppe um die Deutsche Jugendmeisterin über 3000m, Kira Weis schnell gebildet, die den ersten von insgesamt zwei zu absolvierenden Rundkursen über die Felder, den „Sonsbecker Hügel“ sowie den angrenzenden Sportplatz scheinbar mühelos absolvierten. Ebenso mühelos schien jedoch auf der Startgeraden eine Athletin den anderen davonzulaufen; Kira Weis hatte beim Einbiegen auf die Startgerade das Tempo derart angezogen, dass aus der Spitzengruppe eine Spitzenläuferin wurde. Und auch im weiteren Verlauf der zweiten Runde über das Feld schien es, als diktiere die Athletin im markanten gelben Trikot den Abstand zu ihren Verfolgerinnen fast nach Belieben, wenngleich im Rennen sich das anders anfühlte. „Ich hatte immer das Gefühl gleich kommt jemand von hinten“, meint Weis nach dem Rennen. Noch einmal geht es über den „Sonsbecker Hügel“, der die Gerlinger Athletin nicht beeindrucken kann: „Im Vergleich zu den Hügeln des Sparkassencross Pforzheim war das eher eine Bodenwelle.“

Ein Sololauf in Runde zwei für Kira Weis

Also geht es flugs über den kleine Hügel hinweg, eine 180°-Kehre und ca. 500m liegen noch zwischen der führenden Gerlingerin und dem Ziel. Um einem Baum herum biegt Weis mit lautstarker Unterstützung der mitgereisten Fans, Eltern und Trainer auf die letzten Meter ein, zwei Kurven auf einem Fußballplatz sind noch zu absolvieren, noch zwei Mal rechts, dann wartet der Deutsche Meistertitel, mit 3 Sekunden Vorsprung gewinnt Kira Weis in 15:31 das Rennen!

Dicht an dicht kämpfen Pia Kircher (l) und Lisa Maisch (r) um die Punkte der Mannschaftswertung

Doch damit nicht genug. Nach einem spannenden Wettkampf laufen Lisa Maisch und Pia Kircher zeitgleich auf Platz 24 und 25 in Ziel. Auf sie folgen Anna Schädel als 45. und Helena Scholz als gesamt 50.

Das Team der WJU18: Helena Scholz, Anna Schädel, Pia Kircher, Lisa Maisch und Kira Weis (v.l.n.r.)

Unmittelbar nach dem Zieleinlauf beginnt bei allen Teams das große Rechnen, denn die Mannschaftswertung ergibt sich im Crosslauf durch die Addition der 3 Topplatzierungen jedes Teams. Nach mehrfachem Zählen und wiederholtem Nachrechen, auch vor dem Livestream daheim in Gerlingen dürfen sich die Mädels mit nur 50 Zählern über den Gewinn der Mannschaftswertung, denkbar knapp vor Münster mit 52 und Löningen mit 57 Zählern, freuen.

Kira Weis gewinnt Gold vor Rebecca Bierbrauer und Carolin Hinrichs

Cheftrainer Ralph Sagasser kann all das kaum glauben: „Nach für uns schwierigen Crossläufen in Darmstadt und Pforzheim ist das nun die absolute Krönung,“ und fügt hinzu: „Drei Meistertitel innerhalb eines Jahres, das muss ich erst einmal verdauen.“

Und auch die Athletinnen des Laufteams sind überrascht von ihrer Perfomance. „Ich wollte einfach Spaß beim Lauf heute haben. Dass wir heute zwei Titel holen, hätte ich nicht gedacht“, meint Kira Weis. Ihre Trainingspartnerin Pia Kircher fügt hinzu: „Ich bin richtig glücklich, dass ich nach einem Jahr mit vielen Verletzungen doch noch einen guten Wettkampf als Abschluss laufen konnte. Es hat im Team total Spaß gemacht!“

Und so verabschiedet sich das Laufteam mit insgesamt 3 Goldmedaillen in der Leichtathletik auf nationaler Ebene von Sonsbeck und vom Jahr 2021, noch schnell die 6er-Spikes wieder „reindrehen“, damit die Hallensaison und das Jahr 2022 genauso erfolgreich weitergeht wie das alte aufhört. Und vielleicht, ja nur vielleicht hatte ein Team in gelben Trikots am Samstag ein besonders glückliches Händchen in der Spikenägellängenfrage.

nk